Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz als Aufgabenbereich der EU

Bedingungsanalyse

Da im Folgenden eine fiktive Unterrichtsstunde dargelegt wird, gibt es meines Erachtens keine konkreten Anhaltspunkte für das Verfassen einer Bedingungsanalyse, die auf zu berücksichtigende persönliche oder gruppenbezogene Merkmale innerhalb der Klasse abzielt. Es wird also eine fiktive durchschnittliche Klasse angenommen.

Sachanalyse: Lebensmittelsicherheit- und Verbraucherschutzrecht in der EU

Die Unterrichtsstunde zielt darauf ab, den SuS grundlegende Kenntnisse über die EU-Politik im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes zu vermitteln. Dabei soll den Kindern bewusst gemacht werden, dass die EU als internationale Entscheidungsinstanz Maßnahmen ergreift, um ihre Bürgerinnen und Bürger vor gesundheitlichen bzw. betrügerischen Risiken durch Lebensmittel bzw. deren Kennzeichnung zu schützen. Nachdem sich die SuS mit basalen Regeln zur Lebensmittelherstellung und -kennzeichnung auseinandergesetzt haben, sollen sie begreifen, dass die EU auch für ihren persönlichen Alltag relevant ist.

Verantwortlich für die Umsetzung der Politik in Sachen Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind die Europäische Kommission, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die nationalen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten:

Die EU-Kommission arbeitet Vorschläge für EU-Gesetze und Verordnungen im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes aus. Des Weiteren überwacht sie die Umsetzung der Rechtsvorschriften mithilfe der nationalen Mitgliedstaaten. Diese führen schließlich Kontrollen und Inspektionen in der Lebensmittelproduktion und -verarbeitung durch und ergreifen Maßnahmen, um eine Einhaltung der EU-Vorschriften durchzusetzen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) berät die Europäische Kommission und die nationalen Behörden der Mitgliedsstaaten auf Basis ihrer Expertise als unabhängige wissenschaftliche Einrichtung, die sich mit der Risikobewertung von Lebensmitteln und Futtermitteln beschäftigt. [1]

Mithilfe dieser Institutionen wurden und werden Gesetze und Verordnungen auf EU- und nationaler Ebene in Gang gebracht, die die Rechtsgrundlage für die EU-Politik im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes darstellen.

In diesem Zusammenhang sind insbesondere vier Verordnungen hervorzuheben:

  • Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 kann als Basis für die Lebensmittelsicherheits-Politik in der EU betrachtet werden, schließlich bestimmt sie einerseits die oben bereits erwähnten Zuständigkeitsbereiche der Institutionen im Bereich der Lebensmittelsicherheit bzw. des Verbraucherschutzes.

    Des Weiteren legt sie fest, was „Lebensmittel“ sind: Nämlich „Alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.“ [2]

    Außerdem verordnet sie, dass Lebensmittel grundsätzlich „sicher“ sein müssen, um für den Markt verwendet werden zu dürfen: [3] „Sicher“ bedeutet laut der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, dass nicht „davon auszugehen ist, dass sie a) gesundheitsschädlich [oder; Anmerk. der Verf.] b) für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind.“ [4]

    Zuletzt ebnet sie in Artikel 4 den Weg für den Verbraucherschutz, der in der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 ausdifferenziert wird:
  • Diese Verordnung schreibt eine klare und verständliche „Kennzeichnung“ von Lebensmitteln durch die Lebensmittelhersteller vor, womit „alle Wörter, Angaben, Hersteller- oder Handelsmarken, Abbildungen oder Zeichen [gemeint sind; Anmerk. der Verf.], die sich auf ein Lebensmittel beziehen und auf Verpackungen […] oder Verschlüssen jeglicher Art angebracht sind.“ [5]

    Als obligatorische Informationen bei der Lebensmittelkennzeichnung werden in Artikel 4 folgende definiert:
    – Informationen zur „Zusammensetzung des Lebensmittels“
    – Informationen zum „Schutz der Gesundheit der Verbraucher“
    – Informationen zu „ernährungsphysiologischen Eigenschaften.“ [6]

    Diese Informationen sollen dazu dienen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf und Verzehren von Lebensmitteln eine aufgeklärte Entscheidung „[…] unter besonderer Berücksichtigung von gesundheitlichen, wirtschaftlichen, umweltbezogenen, sozialen und ethischen Gesichtspunkten“ [7] treffen kann.
  • Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene schreibt den Lebensmittelherstellern die größte Verantwortung für die Sicherheit eines Lebensmittels zu. Sie legt fest, dass Lebensmittelsicherheit „auf allen Stufen der Lebensmittelkette, einschließlich der Primärproduktion, gewährleistet sein“ [8] muss. Im Zuge dessen schreibt sie auch vor, dass Nutztiere stets sauber gehalten werden, Pflanzenschutzmittel angemessen verwendet werden, Lebensmittel adäquat gelagert und vor gesundheitsgefährdenden Substanzen geschützt werden müssen. [9]
  • Die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs legt fest, unter welchen Bedingungen Tiere gehalten, ggf. geschlachtet und deren Erzeugnisse wie Fleisch, Eier und Rohmilch weiterverarbeitet werden dürfen. Sie sieht unter anderem vor, dass nur gesunde Nutztiere für die Lebensmittelerzeugung verwendet werden dürfen, um Infektionskrankheiten beim Menschen zu vermeiden.

Fachdidaktisch lässt sich der Unterrichtsgegenstand „Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz als Aufgabenbereich der EU“ somit am besten dem „Basiskonzept“ [10] der „Entscheidung“ [11] zuordnen, das die „Fachkonzepte der Europäische[n] Akteure und Interessensgruppen“ [12] beinhaltet.

Auch die dem „Basiskonzept“ [13] „Gemeinwohl“ [14] zugeordneten „Fachkonzepte“ [15] der „Sicherheit“ [16], „[öffentlichen] Güter“ [17] und der „Nachhaltigkeit“ [18] scheinen der Unterrichtsstunde einen fachdidaktisch passenden Rahmen zu geben.

Didaktische Begründung der Thematik

Laut dem Politikwissenschaftler und -didaktiker Joachim Detjen soll politische Bildung die Mündigkeit und das soziale Verantwortungsbewusstsein des Menschen schulen. Dabei betont er die Verschränkung von Wissen und Handeln, die zur Erreichung dieser beiden Ziele nötig ist. Schließlich bedingt mündiges und verantwortungsbewusstes Handeln eine zugrundeliegende (politische) Wissensbasis, die durch Bildung gelegt werden kann. [19]

Konsumentscheidungen sind im Rahmen einer globalisierten Welt nicht mehr nur eine Frage der persönlichen Gesundheit und Moral, sondern – wie unter Punkt 2 erläutert – auch zu einem Themenschwerpunkt der Europäischen Union geworden.

Damit sind Lebensmittel ein entscheidendes Element, das die alltägliche Lebenswelt der Kinder mit der Europäischen Union verbindet, und – wie im Folgenden dargelegt – Gelegenheit bietet, das Verantwortungsbewusstsein, die Mündigkeit sowie die fachliche politische Bildung der SchülerInnen und Schüler bei Kaufentscheidungen zu fördern:

  • Mit der weltweit vernetzten Lebensmittelproduktion steht inzwischen der Klimawandel und die soziale Ungleichheit aufgrund des Entstehens hoher Treibhausgasemissionen und sozialer Verteilungsproblemen eng in Verbindung. Der Klimawandel und soziale Ungleichheit sind gemäß Klafki zwei entscheidende „Schlüsselprobleme“ [20] unserer Zeit, da sie alle Menschen betreffen (werden) und es keine feststehenden Lösungen dafür gibt. Dennoch bestimmen die Konsumnachfragen der Individuen wesentlich, ob mehr oder weniger klimafreundliche bzw. fair produzierte Produkte auf dem Markt Erfolg haben. Um den Kindern für solche weiterführenden Gedanken den Weg zu ebnen, eignet sich die Thematik der Unterrichtsstunde, schließlich hebt sie die Zentralität der Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Lebensmittelherstellung und den damit verbundenen Entscheidungen hervor.
  • Trotz des rechtlichen Versuchs der EU, irreführende Kennzeichnung von Lebensmittel zu unterbinden, sorgen die Tricks mancher Hersteller bei der Beschriftung von Lebensmitteln immer noch dafür, ungesunde oder überteuerte Produkte zu verschleiern. Durch die praktische Thematisierung der Lebensmittelkennzeichnung in der Unterrichtsstunde kann den Kindern anschaulich verdeutlicht werden, dass es Dank der EU einheitliche Angaben auf den Verpackungen gibt, die beim Kauf beachtet werden können, um bewusste bzw. selbstbestimmte Konsumentscheidungen treffen zu können.
  • Damit Kinder als heranwachsende Menschen letztlich umwelt- und gesundheitsbewusste sowie sozialverträgliche Nahrungskonsumentscheidungen treffen bzw. dementsprechende Überlegungen bei der Wahl von Lebensmitteln einfließen lassen können, benötigen sie zunächst grundlegendes Wissen darüber, dass sich die Lebensmittelherstellung über mehrere Länder und Verarbeitungsebenen erstreckt und zudem einiger Sicherheitsmaßnahmen bedarf. Diese Aspekte wiederum lassen eine didaktische Verknüpfung mit der EU als internationale Entscheidungsinstanz zu und eignen sich daher gut, um den Kindern eine erste Annäherung mit der EU und ihrer themenspezifischen Politik zu ermöglichen. So kann ein diesbezügliches Fach- bzw. Konzeptwissen in den Grundzügen aufgebaut werden, was zur Förderung der politischen Bildung der Schülerinnen und Schüler beiträgt.

Kinder sind durch ihren täglichen Nahrungskonsum Verbraucherinnen und Verbraucher und tragen somit Verantwortung für sich und ihre Umwelt. Zwar mögen die Eltern zunächst primär bestimmen, welche Lebensmittel auf den Tisch kommen, dennoch zeigen Kinder schon früh Interesse an bzw. Präferenzen für Nahrungsmittel, die dann oftmals sowohl von den Eltern als auch inzwischen von der Lebensmittelindustrie aufgegriffen werden.

Die Unterrichtsstunde knüpft also in besonderem Maße an die Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler an und zielt darauf ab, die Kinder zum praktischen Anwenden des Gelernten bei zukünftigen Kaufentscheidungen zu befähigen.

Damit basiert die Stunde einerseits stark auf dem didaktischen Prinzip der „Schülerorientierung“ [21] nach Schmiederer, das die Interessen der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt stellt und sie dabei aber auch mit Dingen konfrontiert, die ihnen bisher noch nicht geläufig sind – wie in diesem Fall die EU als verborgene Entscheidungsinstanz hinter den Lebensmitteln im Supermarkt.

Andererseits ist die Unterrichtsstunde an das didaktische Prinzip der „Handlungsorientierung“ [22] angelehnt, das praktische Tätigkeiten, selbstorganisiertes Lernen und die Orientierung an einem Produkt mit Gebrauchswert fokussiert. Inwiefern sich diese didaktischen Prinzipien konkret äußern, werde ich unter Punkt 6 erläutern.

Einordnung der Unterrichtseinheit in die Lernsequenz

Die Thematik der Unterrichtseinheit baut darauf auf, dass den Kindern der Herstellungsprozess der verschiedenen Lebensmittelarten und der Begriff „Produkt“ bereits bekannt ist. Auch sollten die Schülerinnen und Schüler bereits geographische Vorstellungen vom europäischen Raum entwickelt haben, um verstehen zu können, dass Lebensmittel Ländergrenzen überschreiten, bis sie bei uns im Supermarkt landen.

Die Schülerinnen und Schüler sollten bereits eigenständig, aber insbesondere auch mit anderen zusammengearbeitet haben, also Erfahrungen beim Kooperieren und (kommunikativen) Austauschen zum Zwecke des Erreichens eines gemeinsamen Ziels aufweisen. Damit einher geht die soziale Fähigkeit, Kompromisse ggf. auf Kosten eigener Interessen schließen zu können. Sie sollten in der Lage sein, Erkenntnisse zu beschreiben, zu erklären bzw. anderen Mitschülerinnen und Mitschülern mitzuteilen. Des Weiteren sollten sie Kenntnisse beim Reflektieren und Bewerten von Sachverhalten auf Basis von Begründungen zeigen. Bereits einen Einigungsprozess innerhalb der gesamten Klasse durchlaufen zu haben, wäre für die praktische Entscheidungsfindungs- und Abstimmungsphase gegen Ende der Unterrichtseinheit von Vorteil.

Diese Vorkenntnisse, die in einer vierten Klasse durchaus erwartbar sind, ebnen den Weg für eine politische Annäherung der Schülerinnen und Schüler mit der Europäischen Union, die in dieser Unterrichtseinheit durch eine starke Vereinfachung des EU-weit geltenden Lebensmittelrechts fokussiert wird.

Im Anschluss an die dargelegte Unterrichtseinheit könnte vertiefter auf die Akteure (Institutionen der EU) und deren Aufgaben im Bereich der Lebensmittelsicherheit bzw. des Verbraucherschutzes eingegangen werden. Im Zuge dessen könnten auch Lebensmittelkontrollen thematisiert werden, um exemplarisch herauszuarbeiten, dass Regeln immer auch Kontroll-/Sanktionsinstanzen bedürfen, um Wirkung zu zeigen.

Verlaufsplan / Artikulation

Phase / ZeitZieleInhalteMethodenInteraktionMaterialBegründung
1a)
Ankommen und Vorwissen aktivieren

10 Min.
Die SuS wiederholen und verfestigen ihre bereits bestehenden Kenntnisse zum Thema Lebensmittelbestandteile und -herstellungDie SuS reflektieren die Bestandteile und die Herstellung ihrer mitgebrachten Lebensmittel. Jedes Kind stellt sein Lebensmittel in einem Satz kurz vor. Die Kinder finden sich entsprechend ihrer Lebensmittelart in Gruppen zusammen. BlitzpräsentationUnterrichtsgespräch im GroßkreisLebensmittelverpackungenDas Verknüpfen von alten und neuen Lerninhalten ist entscheidend für einen gelungen Wissenserwerb. Soziale Nähe in Form des Zusammenkommens / der Besprechung im Kreis stärkt die Lernmotivation.
1b)
Erarbeiten der Thematik der Stunde

15 Min. + 5 Min. Besprechung
Die SuS kooperieren in der Gruppe und erkennen somit, dass Lebensmittel aus unterschiedlichen (EU-)Ländern kommen und normiert gekennzeichnet sind. Die SuS untersuchen ihre mitgebrachten Lebensmittelverpackungen in Hinblick auf ihre Herkunft und ihre Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Beschriftung. Sie halten ihre Ergebnisse schriftlich mithilfe eines Arbeitsblattes fest. Abschließend BesprechungLearning by doing: induktives exemplarisches Erschließen der ThematikGruppenarbeitLebensmittelverpackungen, Arbeitsblatt „Lebensmittelverpackungs-Check“ Eine induktive eigenständige Annäherung des Unterrichtsgegenstandes fördert das Interesse sowie die Kompetenz- und Autonomieerfahrungen der SuS. Auch die soziale Eingebundenheit in Form der Gruppenarbeiten stärkt die Lernmotivation der SuS.
1c)
Informieren
10 Min. + 5 Min. Besprechung

45 Min.
Die SuS verstehen, dass die EU Regeln für Lebensmittel festlegt und damit auch in ihrem Alltag eine Rolle spielt. Die SuS lernen die EU mithilfe eines informierenden Textes als Entscheidungsinstanz kennen. Fragen zum Text / unbekannte Begriffe werden geklärt. Die Lehrkraft fasst die wichtigsten Infos des Textes nochmal für alle zusammen. Lesen
Unterrichtsgespräch
EinzelarbeitInformationstext „Lebensmittel brauchen Regeln“ Insbesondere das Erschließen von Texten fällt SuS unterschiedlich schwer. In Einzelarbeit können sich die SuS konzentriert und in ihrem eigenen Tempo dem Text widmen.
2a)
Verarbeiten

15 Min.
Die SuS erarbeiten sich selbstständig die Funktion, den Umfang und die Bedeutung der EU-Regeln im Bereich der Lebensmittelsicherheit bzw. des Verbraucherschutzes. Sie finden Vor- und ggf. auch Nachteile der Regel und geben ein begründetes Werturteil ab. Die SuS analysieren zusammen mit einem / einer Partner(in) eine selbst ausgesuchte EU-Regel hinsichtlich ihrer Funktion im Bereich der Lebensmittelsicherheit bzw. des Verbraucherschutzes. Sie begründen, warum sie die Regel als (nicht) sinnvoll erachten und halten ihre Erkenntnisse schriftlich und in Form einer Zeichnung auf Notizzetteln fest. Lesen,
Dialog
PartnerarbeitJe Pärchen: ein Informationstext zum Thema EU-Lebensmittelsicherheit bei der Herstellung und Verbraucherschutz bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln Die Partnerarbeit bettet den Lernprozess der SuS in einen sozialen Rahmen ein, der für die Lernmotivation der SuS förderlich ist. Die Übertragung schriftlicher Information in ein Bild stärkt den Wissenserwerb und -erhalt der SuS. Die Aufgaben fordern und fördern in Grundzügen die politische Handlungs- und Urteilskompetenz der SuS.
2b)
Austauschen

15 Min.
Die SuS können auch „fachfremden“ Klassenkamerad(inn)en verständlich erklären, worauf ihre EU-Regel abzielt und welche Vor- und ggf. Nachteile sie ihrer Meinung nach mit sich bringt. Die Pärchen tauschen sich untereinander (bei Bedarf unter Zuhilfenahme ihrer Notizzettel) über die Funktion und die Vor- und ggf. Nachteile ihrer jeweiligen EU-Regeln aus. Classroom WalkPärchen treffen PärchenBei Bedarf Zuhilfename der NotizzettelDer Austausch über Arbeitsergebnisse mit anderen Pärchen bettet den Lernprozess der SuS in einen sozialen Rahmen ein, der für die Lernmotivation der SuS förderlich ist. Sie erproben sich im Erklären eines Sachverhalts und im Begründen der eigenen Meinung vor anderen Personen, die noch nicht in das eigene Thema eingeweiht sind.
3a) Zusammenfassen und Sichern
35 Min.
Die SuS verstehen, dass Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zwei unterschiedliche Aufgabenbereiche der EU darstellen.

Die Kinder verfestigen bei produktiver sozialer Tätigkeit den Lernnihalt. Sie kooperieren durch Absprachen und Einigungen miteinander.

Die Kinder schaffen themenbezogene Produkte mit Gebrauchswert.

Das Treffen von Entscheidungen und Festlegen von Regeln unter Beteiligung von Vielen wird praktisch erprobt.
Die Pärchen ordnen sich entsprechend ihrer Regel entweder der Großgruppe „Herstellung“ oder der Großgruppe „Kennzeichnung“ zu. Jene Fachbegriffe werden von der Lehrkraft erklärt.

Vorschlag durch Lehrkraft. Die Großgruppe „Lebensmittelsicherheit – Herstellung“ gestaltet mithilfe ihrer Notizzettel ein Plakat, das die verschiedenen Facetten ihres Gruppenthemas (EU-Regeln bei der Herstellung / Kennzeichnung) beleuchten.

Die Großgruppe „Verbraucherschutz – Kennzeichnung“ gestaltet mithilfe ihrer Notizzettel ein Ratgeberbüchlein, in dem steht, auf welche Angaben beim Einkaufen geachtet werden muss.

Die Gruppen wählen jeweils eine(n) Gruppensprecher(in), der/die ihr Produkt im Abschluss knapp dem Klassenplenum vorstellt.
Gestalten eines Produkts mit (außer-)schulischem GebrauchswertZusammenarbeit in der jeweiligen GroßgruppeNotizzettel, Informationstexte

Plakate,
Eddings

Kleber,
Schere,
Stift
Die SuS arbeiten selbst daran, ihr Thema zu strukturieren und zu visualisieren, was in doppelter Hinsicht zum Verfestigen des Lerninhalts beiträgt.
Dabei müssen Absprachen getroffen und Einigungen erzielt werden, was in Grundzügen die politische Handlungskompetenz aufbaut.

Die Kinder arbeiten im Sinner der Handlungsorientierung an einem handfesten Produkt mit (außer-)schulischem Gebrauchswert.

Die Wahl eines/r Gruppensprecher(in), der / die das Produkt vorstellt, fördert in Grundzügen die politische Handlungskompetenz der SuS, die somit eine Einigung erzielen müssen.
3b)
Herstellen praktischer Bezüge

15 Min.
Das Treffen von Entscheidungen und Festlegen von Regeln unter Beteiligung von Vielen wird praktisch erprobt. Die SuS können Parallelen zum Entscheidungsfindungsprozess der EU im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes nachvollziehen. Im Anschluss werden mündlich Vorschläge gesammelt, es wird argumentiert, verhandelt und per Handzeichen abgestimmt, wie lange der Einkaufsratgeber von einem Klassenmitglied ausgeliehen werden darf und was passieren soll, wenn das Büchlein nicht rechtzeitig zurückgegeben wird. Die Lehrkraft stellt dabei mündlich Bezüge zum Eintscheidungsfindungsprozess der EU im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes her und leitet den Prozess unterstützend an. Demokratie im Kleinen

Exemplarisches Lernen
Klassenplenum,

Frontalunterricht
Die politische Handlungskompetenz wird beim Entscheidungsfindungsprozess gefordert und gefördert.

Die Kinder erhalten in Selbsttätigkeit eine konkrete Vorstellung des abstrakten Lernhinhalts eines Entscheidungfindungsprozesses, der der EU-Gesetzgebung zugrunde liegt -> Exemplarischer Lerneffekt
4)
Reflektieren
10 Min.
Die SuS können ihren Lernprozess einschätzen und begründet kritisieren.

Sie sind nun in der Lage, den Lerninhalt kognitiv in ihr Wissen zu integrieren und praktisch in ihrem Lebensalltag anzuwenden.
Die SuS reflektieren unter mündlicher Anleitung und per Handzeichen (Daumen hoch, seitlich, runter) ihren Lernprozess (was war leicht / schwer).
Zusammen wird noch einmal wiederholt, welche Bedeutung die EU für den Alltag der Kinder hat. Es wird Gelegenheit geboten, ein begründetes Feedback zur Unterrichtsstunde zu geben (was hat Spaß gemacht, was nicht etc.).
Klassenplenum Zur Verbesserung der Metakognition der SuS und der Qualität des Unterrichts eignet sich eine Reflexion.

Die Wiederholung der praktischen Bedeutung des Lerninhalts ebnet den Weg für eine tatsächliche Anwendung dessen im Alltag.

Methodisch-didaktische Überlegungen

Im Folgenden sollen methodisch-didaktische Überlegungen entsprechend der jeweiligen Unterrichtsphase erläutert werden. Die Unterrichtseinheit gliedert sich in vier Hauptphasen und umfasst ca. drei Unterrichtsstunden.

Phase 1:
Heranführung an den Zusammenhang zwischen Lebensmitteln und der EU (45 Minuten)

1a) Ankommen und Vorwissen aktivieren

Zunächst werden die Kinder aufgefordert, mitsamt ihrer mitgebrachten Lebensmittelverpackungen in einem Gruppenkreis zusammenzukommen. Diese Atmosphäre dient als Einstimmung auf das Thema, dem sich im Anschluss gewidmet werden soll. Die Erfahrung sozialer Eingebundenheit, die dabei entsteht, entspricht einem menschlichen Grundbedürfnis, das das Interesse von Menschen erhöht und somit zur Förderung der Lernmotivation beiträgt. [23]

Daraufhin erhalten die Schülerinnen und Schüler den Arbeitsauftrag, ihr mitgebrachtes Lebensmittel reihum vorzustellen und dabei die Zusammensetzung und die Herstellung in zwei Sätzen zu beschreiben. Dies soll dazu dienen, ihr Vorwissen zum Thema Lebensmittel zu aktivieren – schließlich sind Lernprozesse dann am fruchtbarsten, wenn altes und neues Wissen miteinander verknüpft werden. [24]

Auch eine Strukturierung des Lerninhalts für den Wissenserwerb von entscheidender Bedeutung. Daher werden die Kinder im Anschluss an die Blitzpräsentation der mitgebrachten Lebensmittel dazu aufgefordert, sich entsprechend ihrer Lebensmittelkategorien (Getreide, Milch, Obst/Gemüse, Fleisch-/Fisch, Öl/Nüsse/Samen und Getränk) in Gruppen an jeweiligen Tischen zusammenzufinden. Diese Einteilung wird bei Bedarf von der Lehrkraft unterstützt und dient als Grundlage für die nächste Unterrichtsphase.

1b) Erarbeiten der Thematik der Stunde

Die Gruppen erhalten im Folgenden das Arbeitsblatt „Lebensmittel-Verpackungs-Check“.

Die Aufgaben zielen auf das Einordnen und Nennen, aber auch auf das selbstständige Herausarbeiten, Vergleichen und Begründen von Inhalten ab und führen dabei von einfachen Anforderungsbereichen zu schwierigeren Anforderungsbereichen hin.

Konkret geht es darum, dass die Kinder eigenständig als Gruppe anhand ihrer mitgebrachten Lebensmittelverpackungen Gemeinsamkeiten in der Lebensmittelkennzeichnung herausarbeiten, um somit induktiv – und nicht deduktiv – erkennen zu können, dass Lebensmittel aus verschiedenen Ländern kommen und standardisiert beschriftet sind.

Auf dieser Basis kann im Folgenden exemplarisch zur EU und deren Rolle im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes übergeleitet werden. Der Auftrag, auch Besonderheiten des eigenen Lebensmittels zu notieren, zielt darauf ab, ggf. das EUBio- Siegel mit einführen zu können, das jedoch nicht alle Lebensmittel aufweisen.

Die Sozialform „Gruppenarbeit“ in Kombination mit den Arbeitsaufträgen unterstützt hinsichtlich der „Politikkompetenz“ nach Detjen vor allem die Anbahnung von „Fachwissen“ [25] in Form bedeutsamer Begriffe bei der Lebensmittelkennzeichnung, „politischer Handlungsfähigkeit“ [26] und „politischer Urteilsfähigkeit“ [27] (genauere Erläuterungen unter Punkt 7), da die Kinder dazu aufgefordert werden, im argumentativen Austausch mit anderen die Relevanz der Lebensmittelkennzeichnung ausfindig zu machen und: begründet darzulegen. Im Zuge der Gruppenarbeit machen die Kinder Autonomie- und Kompetenzerfahrungen, die sich positiv auf ihre Lernmotivation auswirken. [28]

Im Anschluss folgt eine kurze Besprechung der Arbeitsergebnisse, bei der die Lehrkraft inhaltlich zusammenfasst und zur nächsten Phase überleitet.

1c) Informieren

Diese Phase ist bewusst nach der selbstständigen Erarbeitung der Thematik durch die Schülerinnen und Schüler angesetzt, die sich somit dem Thema zunächst selbst annähern konnten, statt zu Beginn mit deduktiv gegebenen Informationen konfrontiert zu werden.

Die Kinder erhalten das Arbeitsblatt „Lebensmittel brauchen Regeln“ mit dem Arbeitsauftrag, den Text in Einzelarbeit durchzulesen und unklare Wörter/Stellen zu markieren.

Nachdem insbesondere das Texterschließen Schülerinnen und Schülern unterschiedlich schwerfällt, eignet sich eine Einzelarbeit (auch vor dem Hintergrund der vorangegangenen Gruppenarbeit), um sich konzentriert dem Text widmen und persönliche Verständnisschwierigkeiten identifizieren zu können. Diese werden im Anschluss mithilfe der Lehrkraft in einem kurzen Unterrichtsgespräch aufgegriffen.

Im Zuge dessen fasst die Lehrkraft noch einmal die wichtigsten Informationen des Textes strukturiert zusammen. Damit sollen die Schülerinnen und Schüler einen Überblick über die Rolle der EU allgemein bzw. im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes erhalten, um ihr diesbezügliches konzeptuelles Fachwissen basal aufzubauen. Es ist davon auszugehen, dass die Kinder diese Strukturierungsleistung, die jedoch für einen erfolgreichen Wissenserwerb konstituierend ist, [29] nach kurzer Einarbeitung in das (zudem) neue Thema auf die Schnelle nicht selbst leisten können.

Phase 2:
(V)erarbeitung des basalen EU-Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzrechts in Grundzügen (30 Minuten)

2a) Verarbeiten

Die Schülerinnen und Schüler erhalten eine Auswahl kleiner Informationstexte, die die EU-Gesetze im Bereich der Lebensmittelsicherheit einerseits und des Verbraucherschutzes andererseits stark vereinfacht als „Regeln“ erklären.

Angelehnt an das didaktische Prinzip der „Schülerorientierung“ [30] wählen die Kinder selbst aus, mit welcher Regel sie sich in Partnerarbeit auseinandersetzen wollen. So erfahren die Kinder, dass auch sie Mitbestimmungsmöglichkeiten im Unterricht haben, was sich förderlich auf ihre Lernmotivation auswirkt.

Auch besteht hier theoretisch eine Möglichkeit der inneren Differenzierung, indem sich leistungsstarke und leistungsschwache Schülerinnen und Schüler eine Regel aussuchen, die ihrem Anforderungsniveau entspricht oder in besonderem Maße ihr Interesse berücksichtigt. Eine Schwierigkeit könnte bei Uneinigkeit/Entscheidungsunfähigkeit der SchülerInnen und Schüler entstehen und könnte für den Fall durch das Bestimmen der Lehrkraft gelöst werden.

Eine Partnerarbeit ist an dieser Stelle jedoch sinnvoll, damit ein produktiver Dialog hinsichtlich der Funktion und der Bedeutung der Regel entstehen kann und sich die Kinder bei Bedarf gegenseitig helfen können, wovon in der Regel sowohl der leistungsschwächere als auch der leistungsstärkere Part profitieren.

Die Arbeitsaufträge (siehe Punkt 11, S.30) sind bewusst mit direkten Fragestellungen und wenigen Operatoren formuliert, um den Schülerinnen und Schülern einen Einstieg in die Thematik zu erleichtern. Sie zielen auf prozessbezogene Kompetenzen [31], wie z.B. auf das Erkennen und [V]erstehen, Kommunizieren, Reflektieren und Bewerten sowie auf das Austausch[en] mit anderen ab, die im LehrplanPLUS spezifisch für das Fach Heimat- und Sachkunde verankert sind.

Hinsichtlich der „Politikkompetenz“ [32] nach Detjen fordern und fördern die Arbeitsaufträge einerseits die „Artikulation[sfähigkeit, Ergänzung der Verf.]“ [33] der Schülerinnen und Schüler als eine Kompetenzfacette der „politischen Handlungsfähigkeit“ [34]. Andererseits wird auch ihre „politische Urteilskompetenz“ [35] angesprochen, indem sie dazu aufgefordert werden, wenn auch nur in Grundzügen ein normatives „Werturteil“ [36] bzgl. der Sinnhaftigkeit ihrer EU-Regel zu fällen. Durch das Einüben von Formulierungen, mit denen die eigene Meinung begründet ausgedrückt werden kann, liegt der Fokus hierbei vor allem aber auch auf der basalen Schulung „politische[r] Urteilskompetenz“ [37].

2b) Austauschen

Diese Phase knüpft an die obige insofern an, als nun die Schülerinnen und Schüler ihre gewonnenen, auf Notizzetteln festgehaltenen Erkenntnisse anderen Klassenkameradinnen und -kameraden präsentieren. Je nach Bedarf können die Notizzettel als Gedankenstütze verwendet werden, um

Dabei werden dieselben soeben unter Punkt 2b beschriebenen Kompetenzen gefordert, dieses Mal jedoch vermutlich in stärkerem Maße, weil die Kinder nun dazu angehalten sind, ihre EU-Regel vor Menschen, die noch nicht in die Thematik ihrer Regel eingeweiht sind, zu erklären und zu bewerten. Dies damit verbundene prozessbezogene LehrplanPLUS-Kompetenz des Kommunizieren[s] und Präsentieren[s] bringt eine soziale Herausforderung mit sich, die die Leistungsbereitschaft der Kinder motiviert.

Der kommunikative Austausch wird durch die gewählte Methode des „Classroom Walks“ gestärkt. Indem die Kinder als Pärchen durch das Klassenzimmer spazieren und mit den vorbeikommenden anderen Pärchen über ihre jeweiligen EU-Regeln kommunizieren, findet Lernen – passend zum Gegenstandsbereich des Politik-und-Gesellschaftsunterrichts – in einem sozialen Rahmen statt.

Die Schülerinnen und Schüler lernen so nach und nach – und nicht auf einmal – verschiedene Dimensionen des EU-Lebensmittel- und Verbraucherschutzrechts kennen, sodass sie nicht von diesen durchaus umfangreichen Lerninhalten erschlagen werden.

Phase 3:
Sicherung des Gelernten und tatsächliche Herstellung praktischer Bezüge
(50 Minuten)

3a) Zusammenfassen und Sichern

Zunächst werden die Pärchen von der Lehrkraft mündlich dazu angehalten, sich entsprechend ihrer Regel entweder der Großgruppe „Herstellung, Verarbeitung und Lagerung von Lebensmitteln“ oder der Großgruppe „Lebensmittelkennzeichnung“ zuzuordnen. Darauf bezugnehmend führt die Lehrkraft die Begriffe „Lebensmittelsicherheit“ und „Verbraucherschutz“ ein, um den Schülerinnen und Schülern den Weg für eine Strukturierung der Lerninhalte zu ebnen.

Diese Strukturierung soll im Anschluss aber vor allem durch die Kinder selbst geschehen, indem sie ein handfestes, zum Lerninhalt passendes Produkt gestalten. Die damit verbundene selbstständige Strukturierung und Visualisierung der Lerninhalte tragen so in doppelter Hinsicht zum Verfestigen ihres erworbenen basalen Fachwissens zum Thema „Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzrecht der EU.“

Die Lehrkraft schlägt den Kindern im Folgenden vor, dass die Großgruppe „Herstellung, Verarbeitung, Lagerung von Lebensmitteln“ mithilfe ihrer Notizzettel ein Plakat gestaltet, das die verschiedenen Facetten ihres Gruppenthemas beleuchtet. Der Großgruppe „Lebensmittelkennzeichnung“ wird vorgeschlagen, mithilfe ihrer Notizzettel ein Ratgeber- Büchlein zu gestalten, in dem steht, auf welche Angaben beim Einkaufen wie geachtet werden muss. Dieses soll in der Klasse verliehen werden können.

Die Lehrkraft zeigt sich für anderweitig kreative Einfälle hinsichtlich der Produktwahl ebenfalls offen, beachtet aber dabei, dass in jedem Fall ein Produkt mit Gebrauchswert beschlossen wird, für dessen Verwendung es einer kollektiven Entscheidungsfindung bedarf – denn dies ist relevant für die anschließende Unterrichtsphase.

Diesem Unterrichtsabschnitt liegen in besonderem Maße die Prinzipien der Schüler- und der Handlungsorientierung zugrunde, die den Schülerinnen und Schülern Autonomie beim Lernprozess zuweisen und den praktischen Gebrauchswert des Lerninhalts angepasst an die Lebenswelt der Lernenden in den Mittelpunkt des Unterrichts rücken.

Das Arbeiten in den Großgruppen zum Zwecke der Gestaltung eines gemeinsamen Produkts verlangt, dass die Kinder zusammen Entscheidungen bzgl. der konkreten Gestaltung und der Verteilung der Zuständigkeiten aushandeln und treffen, was in Grundzügen dem Aufbau politischer Handlungsfähigkeit zugutekommt.

Auch der abschließende Arbeitsauftrag, auf Basis begründeter Vorschläge eine/n Gruppensprecher(in) zu wählen, der/die das erstellte Produkt knapp vorstellt, zielt auf die basale Schulung der politischen Handlungsfähigkeit ab.

3b) Herstellen praktischer Bezüge

Im Anschluss an eine kurze Vorstellung der erstellten Gruppenprodukte verweist die Lehrkraft auf die Dringlichkeit, Umgangsregeln für das Ausleihen des Ratgeber-Büchleins in der Klasse zu finden und festzulegen, um Ungerechtigkeit zu vermeiden.

Sie stellt dabei Parallelen zur EU-Gesetzgebung her, indem sie deutlich macht, dass auch die soeben erarbeiteten EU-Regeln zur Lebensmittelsicherheit und zum Verbraucherschutz nur durch kollektive Entscheidungsprozesse zustande kamen.

Die Lehrkraft hält die Kinder dazu an, begründete Vorschläge zu formulieren, wie lang das Gruppenprodukt verliehen werden soll und welche Konsequenzen folgen sollen, wenn das Gruppenprodukt einmal nicht rechtzeitig zurückgegeben werden sollte. Sie unterstützt moderierend das Sammeln und Verhandeln von Vorschlägen und initiiert zuletzt eine Abstimmung per Handzeichen.

Diese Unterrichtsphase ist auf dem methodisch-didaktischen Gedanken gestützt, den Kindern in Form von praktischer Selbsttätigkeit exemplarisch (wenn auch stark vereinfacht) zu vermitteln, wie Entscheidungsprozesse, die für die EU-Gesetzgebung unabdingbar sind, ablaufen. Damit erhalten die Schülerinnen und Schüler eine tatsächliche, wenn auch stark vereinfachte Vorstellung von dem abstrakten Lerninhalt, dass die EU mithilfe von Entscheidungsprozessen Gesetze beschließt.

Durch die kommunikative und partizipative Praxis beim Artikulieren und Verhandeln von Vorschlägen wird die politische Handlungskompetenz der Kinder trainiert.

Phase 4: Reflexion (10min)

Die Klasse findet sich nun wieder in einem Gruppenkreis zusammen, was der Unterrichtseinheit einen Rahmen und ein Ende gibt.

Unter mündlicher Anleitung durch die Lehrkraft werden die Kinder dazu angeregt, ihren Lernprozess und -erfolg in Form mündlicher Beiträge und Reaktionen per Handzeichen einzuschätzen. Dies fördert die Metakognition der Schülerinnen und Schüler, die für die Selbststeuerung des eigenen Lernens und damit auch für den Schulerfolg von großer Relevanz ist. [38]

Des Weiteren wird noch einmal wiederholt, welche Bedeutung die EU nun für den (persönlichen) Alltag der Kinder hat. So werden die Schülerinnen und Schüler dazu angeregt, den Lerninhalt der Unterrichtseinheit praktisch von nun an in ihren Alltag zu integrieren: Beispielsweise indem sie beim Verzehren eines Lebensmittels nun genau wissen, welche Maßnahmen die EU bei der Herstellung, Verarbeitung und Lagerung dessen ergriffen hat, damit sie das Produkt nun genießen können – oder indem sie gezielt nach Zutaten und/oder einem EU-Bio-Siegel suchen, um entscheiden zu können, ob das Produkt ihre Gesundheit fördert und/oder die Umwelt schützt.

Zuletzt wird Gelegenheit geboten, ein begründetes Feedback zur Unterrichtsstunde zu geben. Dies dient einerseits der zukünftigen Optimierung der Unterrichtsqualität. Vor allem aber werden die Kinder so an das konstruktive Kritisieren herangeführt, das im politischen und sozialen Bereich unabdingbar ist.

Kompetenzorientierte Lernziele der Stunde

Wie bereits unter Punkt 6 des Öfteren angesprochen, wird nun bezugnehmend auf das Politikkompetenzmodell von Detjen im Folgenden erläutert, welcher Kompetenzbereich der Unterrichtsstunde vorrangig zugrunde liegt, wie dieser konkret angebahnt wird und inwiefern er sich praktisch zeigt.

Die Unterrichtseinheit zielt darauf ab, vorrangig – und entsprechend ihres Leistungsniveaus – die politische Handlungsfähigkeit der Grundschülerinnen und -schüler zu schulen. Dieses Lernziel wird insbesondere durch die bewusst gewählten vielfältigen Partner- bzw. Gruppenarbeiten in Verbindung mit Aufträgen, die das Begründen der eigenen Meinung (vgl. Arbeitsauftrag Phase 2a, b und 4) sowie das Aushandeln von Kompromissen erfordern (vgl. Arbeitsauftrag Phase 3a, b), angebahnt.

Konkret wird angestrebt, die Artikulations-, Argumentations-, Verhandlungs- und Entscheidungskompetenz der Kinder zu fördern, indem den Kindern beispielsweise Wortbausteine zum Formulieren der eigenen Meinung an die Hand gegeben werden. Durch die Partnerarbeit bzw. den Pärchenaustausch (vgl. Phase 2a, b) wird darauf hingeführt, die eigene Position auf Basis einer vorangegangenen fachlich möglichst richtigen Erklärung des Sachinhalts vor anderen zu vertreten. Vor allem aber beim eigenständigen Erarbeiten von Lerninhalten und beim Erstellen eines Produkts mit Gebrauchswert werden konkrete und sinnhafte Anlässe geschaffen, bei denen die Kinder ihr Lernen entweder angeleitet durch die Lehrkraft (vgl. Phase 3b) oder selbstständig als Gruppe (vgl. Phase 1b, 3a) in die Hand nehmen und kommunizieren (artikulieren, argumentieren, verhandeln und entscheiden) müssen, um produktiv sein zu können.

Tatsächlich spiegelt sich das Erreichen der erwünschten politischen Handlungsfähigkeit darin wider, dass es den Kindern gelingt,

  • in Phase 1b: kommunikativ Gemeinsamkeiten bei der Lebensmittelkennzeichnung herauszuarbeiten und dabei eigene Überlegungen zu artikulieren.
  • in Phase 2a: im Austausch mit der Partnerin bzw. dem Partner die Funktion und Bedeutung der jeweiligen EU-Regel sachrichtig zu erklären und die eigene diesbezügliche Meinung zu formulieren.
  • in Phase 2b: im Austausch mit „fachfremden“ Mitschülerinnen und Mitschülern die Funktion und Bedeutung der jeweiligen EU-Regel sachrichtig zu erklären und die eigene diesbezügliche Meinung zu formulieren.
  • in Phase 3a: zusammen in einer Großgruppe Entscheidungen bzgl. der konkreten Gestaltung und der Verteilung der Zuständigkeiten bei der Erstellung des Gruppenprodukts kommunikativ auszuhandeln und zu treffen.
  • in Phase 3b: eigene Vorschläge bzgl. der Umgangsregeln mit dem gestalteten Produkt zu artikulieren, andere davon argumentativ zu überzeugen, die gesammelten Vorschläge zu verhandeln und schließlich kollektiv eine Entscheidung zu treffen.
  • in Phase 4: konstruktiv und begründet den Unterrichtsverlauf zu kritisieren.

Das Thema und der Bezug zum LehrplanPLUS

Hinsichtlich der Kompetenzschwerpunkte des LehrplanPLUS greift die Unterrichtseinheit durch ihre – in Punkt 6 und 7 erläuterten – Unterrichtsmethoden, Sozialformen und den damit verbundenen Arbeitsaufträgen insbesondere die prozessbezogenen Kompetenzen des Erkennen[s] und Verstehen[s], Kommunizieren[s], Reflektieren und Bewerten[s] sowie des mit anderen zusammen [E]rarbeitens [39] auf.

Der Gegenstandsbereich der Unterrichtsstunde lässt sich am ehesten dem Lernbereich 3 „Natur und Umwelt“ zuordnen, in dem regionale und überregionale Lebensmittel und deren Herkunft und Produktion thematisiert werden und die Kinder lernen, über „ihre Verantwortung als Verbraucher “ [40] zu reflektieren.

Das übergeordnete Bildungs- und Erziehungsziel, das mit der Unterrichtsstunde verbunden ist, ist die Alltagskompetenz und Lebensökonomie, denn dieses Bildungs- und Erziehungsziel greift unter anderem grundlegende Kompetenzen im Handlungsfeld „Selbstbestimmtes Verbraucherverhalten“ auf, was sich mit der entworfenen Unterrichtsthematik deckt: Die Unterrichtseinheit wie auch das Handlungsfeld „Selbstbestimmtes Verbraucherverhalten“ zielt darauf ab, dass die „Schülerinnen und Schüler „die Grundlagen einer reflektierten Konsumentscheidung (z.B. Qualitäts- und Sicherheitskriterien […] sowie Quellen der Verbraucherinformation [kennen]“ [41] und „zu einem reflektierten, […], selbstbestimmten Konsumhandeln in der Lage [sind].“ [42]

Reflexion

Da im Folgenden eine fiktive Unterrichtsstunde dargelegt wird, gibt es keine konkreten Anhaltspunkte für das Verfassen einer Reflexion, die sich auf eine kritische Auseinandersetzung mit der gehaltenen Unterrichtsstunde stützt.

Literatur

Material

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  1. Europäische Kommission 2023. 
  2. Europäisches Parlament und europäischer Rat 2002, Quelle 1, Artikel 2. 
  3. Vgl. Ebd., Artikel 14. 
  4. Ebd., Artikel 14. 
  5. Europäisches Parlament und europäischer Rat 2011, Quelle 2, Artikel 2j. 
  6. Ebd., Artikel 4(1). 
  7. Ebd., Artikel 3(1). 
  8. Europäisches Parlament und europäischer Rat 2004, Quelle 3, Artikel 1. 
  9. Vgl. Ebd., Artikel 1 + Anhang 1 und 2 
  10. Weißeno 2012, S. 167. 
  11. Ebd. 
  12. Ebd. 
  13. Ebd. 
  14. Ebd. 
  15. Ebd. 
  16. Ebd. 
  17. Ebd. 
  18. Ebd. 
  19. Vgl. Detjen 2014, Quelle 1. 
  20. Klafki 1993 
  21. Schmiederer 1977, S. 43. 
  22. Reinhard 1997, S. 107. 
  23. Vgl. Krapp 2002. 
  24. Vgl. Wild 2020. 
  25. Detjen et al. 2012, S. 12, Quelle 2. 
  26. Ebd. 
  27. Ebd. 
  28. Vgl. Krapp 2002. 
  29. Vgl. Wild 2020. 
  30. Schmiederer 1977, S. 43. 
  31. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) 2023 – LehrplanPLUS Bayern, Quelle 1. Fachbegriffe des LehrplanPLUS sind im Folgenden kursiv markiert und haben alle ihren Ursprung im LehrplanPLUS. 
  32. Detjen et al. 2012, S. 12, Quelle 2. 
  33. Ebd. 
  34. Ebd. 
  35. Ebd. 
  36. Ebd. 
  37. Ebd. 
  38. Vgl. Devine 2021. 
  39. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) 2023 – LehrplanPLUS Bayern, Quelle 2. 
  40. Ebd., Quelle 3. 
  41. Ebd., Quelle 4. 
  42. Ebd., Quelle 4. 
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